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BGH urteilt zu Lebensversicherung
Zwischen 1994 und 2007 nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossene Versicherungsverträge verstoßen nicht gegen Europarecht und sind wirksam. Zudem kann sich der Versicherungsnehmer nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages nicht mehr auf dessen Unwirksamkeit berufen. Kunden alter Lebensversicherungen können daher nicht die Rückzahlung ihrer Prämien verlangen. Dies hat der BGH am 16. Juli 2014 in einem neuen Grundsatzurteil (Az. IV ZR 73/13) entschieden.
Der Kläger war der Ansicht, sein Lebensversicherungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, weil das in § 5a VVG (alte Fassung) geregelte Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien nicht vereinbar sei. Er verlangte die Rückzahlung sämtlicher eingezahlten Versicherungsprämien.
Gemäß den Lebensversicherungsrichtlinien (insbesondere Art. 31 Abs.1 Richtlinie 92/96/EWG und Art. 15 Abs. 1 Richtlinie 90/619/EWG) muss der Versicherer bereits vor Abschluss des Versicherungsvertrages bestimmten Informationspflichten nachkommen und den Versicherungsnehmer über sein Widerspruchsrecht belehren.
Bei Abschluss eines Versicherungsvertrages nach dem Policenmodell erhält der Versicherungsnehmer diese Pflichtinformationen und die Widerspruchsbelehrung erst zusammen mit dem Versicherungsschein. Ihm steht jedoch nach Erhalt der Informationen ein 14-tägiges Widerspruchsrecht zu. Erst wenn er dieses Widerspruchsrecht nicht ausübt kommt der Versicherungsvertrag rückwirkend zustande.
Laut BGH ist die Widerspruchslösung europarechtlich nicht zu beanstanden. Die einschlägigen Richtlinien enthielten keine Vorgaben zum Zustandekommen des Versicherungsvertrages, die Regelung des Vertragsschlusses bleibe allein dem nationalen Gesetzgeber überlassen. Ausgehend hiervon genüge das Policenmodell den europarechtlichen Anforderungen, da in § 5a VVG (alte Fassung) geregelt sei, dass der Vertrag erst als geschlossen gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der maßgeblichen Informationen widerspricht. Eine vertragliche Bindung des Versicherungsnehmers trete daher erst nach der von den Richtlinien geforderten Verbraucherinformation ein.
Der BGH stellte zudem klar, dass sich der Versicherungsnehmer sogar im Fall einer unterstellten Europarechtswidrigkeit des Policenmodells nach jahrelanger Vertragsdurchführung nicht mehr auf die Unwirksamkeit des Vertrages berufen könne. Ein solches Verhalten sei rechtsmissbräuchlich, wenn der Versicherer bei Abschluss des Vertrages seinen Informationspflichten nachgekommen und den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt hat.
Der klagende Versicherungsnehmer hat gegen die Entscheidung des BGH Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bleibt abzuwarten.
Zur Entscheidung: BGH, Az IV ZR 73/13