Aktuell

19.5.2021 | Arbeitsrecht

Haftung des Betriebsinhabers in der Insolvenz

von Frau Rechtsanwältin Heike Möbus

BAG, Urteil vom 26. Januar 2021, Az. 3 AZR 139/17

Der Erwerber eines Betriebs(teils) in der Insolvenz haftet nach § 613 a Abs. 1 BGB für Ansprüche der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zeitanteilig für die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Für die Leistungen, die auf Zeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, haftet er auch dann nicht, wenn für diesen Teil der Betriebsrente nach dem Betriebsrentengesetz der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) - der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzversicherung - nicht vollständig eintritt.

Rechtlicher Ausgangspunkt ist dabei die gesetzliche Regelung zum Betriebsübergang (§ 613 a BGB), wonach der Erwerber eines Betriebs oder Betriebsteils in alle Pflichten eintritt, die aus den zu übernehmenden Arbeitsverhältnissen resultieren. Zu diesen Pflichten gehören nach deutschem Recht auch die Pflichten aus betrieblicher Altersversorgung. Das BAG macht für insolvente Betriebe schon seit langem die oben beschriebene Einschränkung. Anlässlich des jüngst entschiedenen Falls fand das BAG allerdings, dass die Haftungserleichterung für Erwerber insolventer Betriebe noch einmal nach europäischem Recht zu überprüfen sei, zumal die Haftungserleichterung für Betriebsrentner nennenswerte Nachteile haben kann.

Diese Rechtsprechung ist - wie der EuGH im September 2020 (C-674/18 und C-675/18) entschieden hat, mit Unionsrecht vereinbar, sofern der Mindestschutz nach Art. 8 RL 2008/94/EG sichergestellt ist. Verliert ein Arbeitnehmer also mehr als 50 % seiner Betriebsrente oder fällt er unter die Armutsgefährdungsgrenze, ist dieser Mindestschutz verletzt. Nach Auffassung des BAG wird dieser unionsrechtlich gebotene Mindestschutz in der Bundesrepublik Deutschland durch einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden und gegen den PSV gerichteten Anspruch gewährleistet.

Im Ergebnis ist die Entscheidung des BAG als klare Absage gegen die Bevorzugung von Betriebsrentnern gegenüber anderen Insolvenzgläubigern zu verstehen. Zudem zeigt sie auf, dass der Erhalt von Arbeitsverhältnissen insolventer Unternehmen nur dann gewährleistet werden kann, wenn dem Erwerber rechtliche Bedingungen eingeräumt werden, die eine Fortführung eines solchen Betriebs wirtschaftlich sinnvoll erscheinen lassen.

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